Lauterlaff
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Bewertung des Künstlers, Biografie, Atelier eines Künstlers:
SSC Moscow 2013 - 2014 • 3 Kunstwerke
Alle ansehenRD • 4 Kunstwerke
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Biografie
-
Nationalität:
DEUTSCHLAND
- Geburtsdatum : unbekanntes datum
- Künstlerische Domänen:
- Gruppen: Zeitgenössische Deutsche Künstler
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Ausbildung
Künstlerwert zertifiziert
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Die Logik des Trailers
Abstraktion, Style und Sozialität in der zeitgenössischen Kunst
Liam Gillick, "Underground - Fragments of Future Histories", 2004, Galerie Micheline Szwajcer, Ausstellungsansicht Liam Gillick, „Underground – Fragments of Future Histories“, 2004, Galerie Micheline Szwajcer, Ausstellungsansicht
Versuchte die Moderne noch einen Abstraktionsbegriff zu postulieren, der auf der Idee ästhetischer Selbstreferenz basieren sollte, kann Abstraktion unter den Bedingungen des Postfordismus und der immateriellen Produktion als eine alle Gesellschaftsbereiche durchdringende Kategorie gefasst werden. Unter dem Einfluss des Informationsparadigmas der Nachkriegszeit wurde Abstraktion zunehmend als Design recodiert – als Manipulation technologisch hergestellter Oberflächenphänomene, die mit der Deterritorialisierung des Kapitals im Zeichen der Globalisierung und einer biopolitischen Logik korrespondiert, die auf die Produktivität eines ästhetisch stilisierten Lebens abzielt.
Künstler/innen wie Liam Gillick und Tobias Rehberger adressieren Abstraktion nicht mehr nur als Gestaltungsprinzip diskreter minimalistischer Objekte, sondern versuchen qua Design Orte einer offenen sozialen Interaktion zu schaffen, deren konkrete Nutzung es in der Ausstellungssituation immer wieder neu zu definieren gilt – ohne damit zwangsläufig relational-ästhetische Gemeinschaftsmodelle zu inszenieren. Ist es vor dem Hintergrund eines solchermaßen reformulierten Abstraktionsbegriffs angebracht eine Neuschreibung dessen vorzunehmen, was gemeinhin unter dem Begriff „sozialer Kunst“ gefasst wird? Und was kann „abstrakte“ Kunst eigentlich unter den aktuellen Bedingungen elektronischer Mediennetzwerke und Design überhaupt bedeuten?
Wir befinden uns im Januar 2008, und gerade bietet der neueste Trend im Verlagswesen einigen Feuilletons Diskussionsstoff. Es scheint, als stellten dieser Tage immer mehr Autoren und Verlage sogenannte Buchtrailer auf dem frei zugänglichen Videoportal ein – kurze, filmartige Clips, die mit einer hektischen Mischung aus Stand- und Bewegtbildern und zu dröhnender Musik und eingesprochenen Texten die entscheidenden Elemente einer Erzählung visualisieren sollen. Einziges Merkmal, an dem der Betrachter erkennen kann, dass es sich um einen Buchtrailer und nicht um den Trailer für einen Spielfilm oder eine Miniserie im Fernsehen handelt, ist die Tendenz, hier und da Momentaufnahmen bedruckter Seiten, Illustrationen und Umschlagentwürfe zu zeigen. Die Autoren kann man leicht mit Schauspielern verwechseln: So läuft etwa Stephen J. Cannell im Trailer durch die fiktionalen „Schauplätze“ seines neuen Mysteryromans „Three Shirt Deal“ und erzählt dabei dessen Handlungsverlauf, wobei der „Autorenlook“ zweifellos Bestandteil der Gesamtgestaltung ist.
Schon im Jahr 2004, nicht unweit in der Zeitrechnung der Medien, griff ein Ausstellungsprojekt von Liam Gillick diese geschickte Verknüpfung vormals getrennt gehandelter Medienbereiche auf. Auftürmungen schmutzigbrauner Teppichbahnen, die zu Hügeln und Falten geformt waren, schufen in der Antwerpener Galerie Micheline Szwajcer eine Art Landschaftsbild, doch das schien nur der Hintergrund für den eigentlichen Anlass. In der hintersten Ecke dieser Teppichlandschaft lief der siebenminütige Trailer für das Update des 1896 erschienenen Science-Fiction-Romans „Underground (Fragment of Future Histories)“ aus der Feder des französischen Soziologen Gabriel Tarde auf einem Brionvega Cuboglass-Fernsehgerät des Baujahrs 1969.
Auf den ersten Blick sah es aus wie eine ganz normale Werbeveranstaltung: Ein Buch war erschienen, und nun setzte sich die Verkaufsmaschinerie in Gang. Doch diese Veranstaltung hatte selbst ebenfalls Kunstwerkcharakter. Ja, es war sogar ein Kunstwerk, dessen Neigung zu Indirektheit und Hermetik einen Dialog zur Frage nach der Abstraktion in der Kunst wie auch zur immer stärkeren Abstraktheit sozialer Beziehungen unter spätkapitalistischen Bedingungen (nach Theodor W. Adorno jene Wirklichkeit, auf welche die abstrakte Kunst antwortet) eröffnete. Adornos Analyseobjekte lagen ganz wörtlich komplett vor: Zum einen ein literarischer Text – als Beispiel menschlicher Kreativität und Reflexivität –, der dort in den Fängen kulturindustrieller Werbelogik lag. Zum anderen die Kuben, Rechtecke und Quadrate aus dem Abstraktionsvokabular der Hochmoderne – nur hier in domestizierter Fassung, als hochstilisierte Designobjekte für den gesellschaftlichen Gebrauch und anscheinend völlig frei von jedem Potenzial radikaler Transzendenz. Das radikal kubische Brionvega-Fernsehgerät war ein Objekt in diesem Sinne, ebenso wie die glänzend polierten neuen, von Gillick so genannten „Diskussionsplattformen“, im Minimal-Idiom gehaltene Konstruktionen aus Aluminium und gefärbtem Plexiglas, die schon zum Mobiliar so vieler seiner Installationen wurden.
Und trotzdem ist die für dieses Werk spezifische Form der Indirektheit besonders geeignet, mit den oben aufgeführten Bedingungen der Abstraktion zu brechen. Die ihm eigenen Formen oder Strategien sollten zunächst einmal als situationsbezogene oder ortsspezifische gedacht werden. Der Ort, den es erschafft, ist kein geringerer als die neue Welt des totalen Designs, der intensivierten Prozesse einer „Ästhetik des Lebens“ oder Selbststilisierung, die die Grundlage für das besondere Zusammengehen gouvernementaler und kapitalistischer Interessen in derzeitigen Formen von Biopolitik und postfordistischer Produktion bilden. Man sollte das Werk also als einen Eingriff einer mentale und körperliche Prozesse und die Mächte des Empfindens und des Affekts in den Vordergrund stellenden Politik sehen – einen Eingriff in die schwer fassbare Kontinuität zwischen künstlerischen, ästhetischen und gesellschaftlichen Kräften. Dessen Festhalten an seinem indirekten Charakter wiederum könnte man im Zusammenhang des veränderten Verständnisses von Herrschaft und Widerstand sehen, das mit einer solchen Politik einhergeht. Die Neufassung von Gabriel Tardes soziologisch-fiktivem Roman hatte Gillick übernommen. Aus der bewussten Entscheidung heraus, die Logik der Globalisierung zu „unterstützen“, die durch die englische Übersetzung aus dem Jahr 1904 vorgegeben ist (mit anderen Worten: noch nicht einmal das französische Original zu konsultieren), kam es nur zu einigen kleineren Veränderungen des Textes. Wo immer etwa Kino – die große Novität zu Zeiten Tardes – erwähnt war, wurde dieser Begriff systematisch durch „Video“ ausgetauscht. Doch Gillicks Neufassung erstreckte sich auch auf die designtechnische Gestaltung des Buches. Nun also wurde dieses fein gealterte Stück utopischer Vorstellungskraft durch Gillicks übliches Spiel mit leuchtend bunten, modernistisch-konstruktivistischen Stilsprachen eingefasst, inklusive serifenloser Typografie im gesamten Haupttext – ganz so, als ginge es darum, Tardes „Modernität“ oder „Zeitgemäßheit“ hervorzuheben, um so eine Grundbedingung für dessen neue Warenförmigkeit zu erfüllen. Das letztendliche Buchprodukt wurde auf einem der Teppichberge präsentiert: der ganze Raum wirkte tatsächlich wie eine Ausarbeitung zu der Frage, wie wohl eine stilistisch passende Umgebung für einen Buchmessestand oder eine Pressekonferenz aussehen könnte.
Fragte sich nur, was diese Umgebung denn nun eigentlich bewerben oder präsentieren sollte. Auf den ersten Blick schien es sich bei dem Buchtrailer im Prinzip um eine Animation der Buchgestaltung zu handeln und nicht etwa um die Animation irgendeiner in ihm enthaltenen Erzählhandlung. Das glänzende Schwarz wurde von einem Arrangement breiter, pastellfarbener Linien dominiert, die man leicht als vielfarbige Lichtstrahlen deuten konnte, die einen dunklen Raum durchmessen. Und auf dem Fernsehschirm tanzten ähnlich leuchtfarbige Textfetzen zu midi-files oder mittelalterlichen Flötenklängen herum – so ähnlich, wie sich sonst grafische Muster im Fernsehen für irgendetwas Bevorstehendes (etwa eine Nachrichtensendung) in tänzerischer Bewegung halten. Doch das „Design“ hörte hier nicht etwa auf. Denn hier wurde selbst der Fernsehapparat, der wie dafür ausgewählt schien, dem Stil von Buch und Trailer genau zu entsprechen, zur mit höchstem Aufwand inszenierten Stilikone. Aufgrund seiner vollkommen kubischen Grundform, die an allen Seiten außer einer mit einer metallisch glänzenden Oberfläche überzogen ist, wurde der Brionvega seinerzeit als „mehr als ein Fernseher“ beworben, denn „wenn er ausgeschaltet ist, lässt sich kaum sagen, mit was genau man es zu tun hat“. Er ist also auch ein „absolut klares Zeichen“, das man „begehrt, lange bevor man weiß, wozu es gut ist“. Tatsächlich verfügte das Fernsehgerät, das zur Vorführung von Gillicks Buchtrailer eingesetzt wurde, über den ganzen hermetischen Glanz der Minimal-Kuben der 1960er Jahre – den Glanz jener Objekte, die zugleich Inbegriffe modernistischer Abstraktion und Beispiele für deren Umkehrung waren, die Transformation der Abstraktion in einen Projektionsraum sozialer Beziehungen. Auf die gleiche Weise rief der Brionvega auch die ambivalenten Verbindungen dieser Objekte zur Welt der Innenarchitektur ins Bewusstsein, die genaue Stelle, an der Minimal Art in minimalistischen Stil umkippt, wenn sich die radikalsten und unpersönlichsten Arbeiten in der Geschichte der Kunst zu bloßen Bedeutungsträgern persönlicher Geschmacksurteile verwandeln. Das ist übrigens auch der Moment, in dem das Fließbandmodell industrieller Massenfertigung, an das die seriellen und standardisierenden Tendenzen des Minimalismus erinnerten, einer weitestgehend von Medienapparaten betriebenen postindustriellen Produktion von Subjektivität zu weichen schien: der Brionvega schien von all diesen gesellschaftlich-ästhetischen Akzentverschiebungen förmlich angefüllt zu sein. Das wird wohl auch der Grund seiner Verwendung in dieser ganz besonders slicken Verbindung von Displaylogik und Medienereignis gewesen sein, neben Gillicks im Minimal-Stil gehaltenen „Diskussionsplattformen“. In dem von diesen erzeugten Farblichtkegel (der diesmal passend zum Teppich schmutzigbraun gehalten war) soll irgendeine Art der Diskussion oder des Socializing stattfinden – wozu es allerdings niemals wirklich kommt. Doch was hier entscheidend zu sein scheint, ist die Andeutung der Akzentverschiebung von der transzendenten Abstraktionsweise der klassischen Moderne hin zur Immanenz heutiger sozial oder relational angelegter Kunstpraktiken, die angebliche Unmittelbarkeit der „Interaktion“, des „Austausches“, des „Zusammenseins“. Doch letztlich ist das genau die Bedeutung des „Sozialen“, die durch Gillicks Abstraktionsleistungen infrage gestellt werden sollte.
Zusammen gesehen ergeben all diese Designelemente – jedes von ihnen für sich hermetisch, eines jeweils irgendwie absurd auf das andere geschichtet – etwas, das man einen „Ort des Stils“, eine „style site“ nennen könnte. Mit diesem Begriff möchte ich eine künstlerische Produktionsweise benennen, bei der auffällige Stilphänomene nicht als Teil einer Künstlersignatur figurieren, auch nicht als Chiffre für den Wunsch eines Künstlers, Kunst und Design zu vereinen, sondern als Artikulationsobjekt eigenen Rechts. Wenn das überhaupt möglich ist, dann vor allem aufgrund der Tatsache, dass Stil hier als ein sozialer Punkt der Entscheidung oder der Komplexität vorgeführt wird, ja als eine „Stilfrage“, die sich auf spezifische gesellschaftliche Orte bezieht. Auf einer allgemeinen Ebene begegnet man solchen Stilfragen etwa dort, wo es um die Aufdeckung von Beziehungen zwischen Erscheinungsbild, Anerkennung und gesellschaftlicher Identität geht – wo immer es also um die Behandlung unvorhergesehener Auftritte und gesellschaftlicher Phänomene geht, die noch der Einordnung bedürfen. Künstlerische Arbeiten, die sich auf „style sites“ beziehen, lassen sich in diesem Sinne als Varianten ortsspezifischer Kunstpraktiken betrachten, vor allem in Bezug zu der Art und Weise, wie sich üblicherweise solche Praktiken von formalistischen und historistischen Ansätzen distanzieren. Während nämlich Stil im Bereich kunsthistorischen Schreibens eindeutig eine Schlüsselfrage darstellt, wird er dort noch immer im Sinne einer vorab bestimmten oder dauerhaften Erscheinungsform gehandhabt – sicherlich eine Auswirkung der Kategorisierungsnöte dieser Disziplin. Im Gegensatz dazu verstand Walter Benjamin den Jugendstil als Symptom der Paradoxien, die sich mit dem Ansinnen verbanden, der Moderne ein öffentliches „Antlitz“ zu geben: in seinem Werk bezeichnet Jugendstil entsprechend weniger einen „Epochenstil“ als vielmehr einen gesellschaftlichen Ort. Heutzutage gehört die Frage unvorhergesehener gesellschaftlicher Auftritte gewissermaßen zur Grundausstattung der biopolitischen Logik des Stils: das Element des Begehrens bei der Stilisierung des Lebens im Lifestyle verbindet sich mit dem Versprechen, definierbaren Subjektivitätsschemata zu entrinnen, und mit der Vorstellung eines unabschließbaren Werdens. So könnte man sagen, dass die „Frage“ nach dem zeitgenössischen „Ort des Stils“ in der Lage ist, Entsubjektivierungsprozesse umzukehren.
Das könnte auch der Grund sein, aus dem Gillicks Promotionarbeit den Zugang zu einem Verständnis davon verstellt, was genau hier eigentlich präsentiert oder beworben werden soll. Stattdessen tritt Design als quasiautonomes Objekt der Reflexion auf, das in engen Umlaufbahnen um sich selbst kreist. Durch die Vorführung mithilfe eines ikonischen Stücks „Designtechnologie“ wird der Buchtrailer als Format betont, als eine Frage der Designlösung, was wiederum zugleich die Vorstellung vom Buch als Objekt inmitten eines genau passend entworfenen Werberahmens vermittelt. Es ist die nahezu hysterische Überdeterminiertheit der Stilfaktoren in Gillicks Werk, ihre Ferne von jedweder entschiedener Fundierung, die ein Verständnis von Stil als offene Frage oder Erscheinungskrise und damit auch als einem sozialen Ort zum Tragen bringt. Durch diese Art der Handhabung wird mehr als deutlich, dass Stil hier nicht nur ein Charaktermerkmal ist, das irgendeinem so und so bestimmten Projekt oder Gegenstand zueigen ist – sei dieses nun „künstlerisch“ oder utilitaristisch –, sondern dass Stil hier selbst als eine Art Produktionsmaschinerie verstanden wird. Während sich die meisten ortsspezifischen Kunstwerke sozialen Praktiken öffnen, die gemeinhin nicht mit dem Bereich der Kunst oder den institutionellen Bedingungen von Kunstproduktion und -präsentation zusammengebracht werden, scheint dieses Werk eher die Überschneidungen von Kunst mit der zeitgenössischen Produktion nichtabschließbarer Subjektivierung in den Vordergrund zu stellen. Und die Bedeutung von Medienapparaten und Technologien im Zusammenhang dieser Produktion – allen voran die Echtzeittechnologien, die den Dynamiken menschlichen Erinnerns und Wahrnehmens nachgebildet scheinen – liefert vielleicht eine Erklärung für die emphatisch betriebene Kopplung von Stil und Televisualität in Gillicks Werk.
Doch gehen in diesem Stilrätsel die sozialen Ideen, die Gabriel Tarde in seiner Erzählung vorstellt, keineswegs verloren: sie werden aktiviert, und ihre besondere Spielart utopischer Imagination bildet eine Kraft, der durchaus Rechnung getragen werden muss. Tatsächlich ist dies die Stelle, an der wir wirklich mit der Entwirrung der seltsamen Verbindungslinien zwischen „Sozialität“ und „Indirektheit“ in Gillicks Werk ansetzen können. Den Begriff „Indirektheit“ hat Gillick selbst verwendet, als er den Versuch unternahm, diese Art Werk innerhalb eines sich ausdehnenden und immer umstrittener werdenden Katalogs „sozialer“ Kunst zu verorten – oder, genauer, dessen relative Entfernung zu transparenteren oder praktischeren Ansätzen in weiten Bereichen aktivistischer oder an Communities orientierter Kunst zu bestimmen. In dieser letzten Kategorie scheint die Repräsentationsfrage oft die entscheidende, kritische Rolle zu spielen: die Frage wie, mithilfe welcher künstlerischen/strategischen Mittel, bestimmte Gruppierungen, Gemeinschaften, Themen und Interessen repräsentiert oder formalisiert werden. Im Gegensatz dazu scheinen Werke wie diejenigen Gillicks gerade den Repräsentationsrahmen vollkommen hinter sich zu lassen: mit ihren anscheinend freien Assoziationen zwischen visuellen, räumlichen, textuellen, medienbezogenen und zeitlichen Elementen lässt sich deren vorgebliche Sozialität nicht als fest umrissenes oder vertrautes „Objekt“ kartografieren oder verorten, wie das eine bestimmte Gemeinschaft, ein Thema oder eine Institution sehr wohl könnten.
Darum ist die Versuchung groß, die Strategien dieses Werks als besondere Form künstlerischer Abstraktion zu interpretieren. Doch hebt sich diese spezifische Verfahrensweise von jener Art Szenario ab, bei der ökonomische Abstraktion als Wurzelphänomen jeglicher Abstraktion gesehen wird, so dass das differenzierende, qualitative Potenzial individueller Sinneseindrücke sich systematisch zum quantifizierbaren, ökonomischen Potenzial wandelt, und dies ist ein Prozess, der mit neuen Formen politischer Indienstnahme einhergeht. Um hier nur einen Aspekt zu nennen: diesen analytischen Begriffsrahmen anzuerkennen hieße auch, das Grundlagenproblem anzuerkennen, das auf diesem besonderen Abstraktionsbegriff lastet. Wie Tim Black aufgezeigt hat, mag Adornos Brandmarkung einer auf die abstrakten Quantitäten von Tauschverhältnissen reduzierten Welt auf den modernen Kapitalismus gezielt gewesen sein, doch in Wirklichkeit greift seine Analyse der Verdinglichung oder der Tendenz, Dinge mit ihrer begrifflichen Abstraktion (und damit auch mit ihrem Tauschpotenzial) zu identifizieren, menschheitsgeschichtlich bis zum primitiven Animismus zurück und behauptet dies nicht als eine spezifische Erscheinungsform des Kapitalismus. In der „Dialektik der Aufklärung“ wird dieser Impuls zur Begriffsbildung und Abstraktion als Antwort auf das Bedürfnis interpretiert, sich vor der unberechenbaren Gewalt der Natur zu schützen. [9] Doch geht man davon aus, dass im Grunde das menschliche Symbolisierungsvermögen das Problem ist, dann ist Adornos Abstraktionsbegriff nicht nur das hervorragend formulierte Beispiel des spezifisch modernistischen Misstrauens gegen jegliche Form der Repräsentation. Er nimmt ebenso teil an der semiotischen Logik der Repräsentation und deren gesamtem analytischen Apparat. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen wird die Essenz des Sozialen, die eigentliche Idee der Möglichkeit des Sozialen, mit der Vorstellung des Austausches und dem Begriff der unendlichen Zirkulation von Austauschverhältnissen gleichgesetzt. Vom Ritual zum Kapital ist dies der „Stoff“, aus dem das Soziale gemacht wird; dies ist der ureigenste Bereich des Sozialen. Und darüber hinaus ist auch jedweder Begriff einer „sozialen“ Kunst zur Auseinandersetzung mit den Praktiken und Problematiken des Austausches gezwungen – in ethischer, ästhetischer, politischer und moralischer Hinsicht. Das Problem dieser Analyse liegt in ihrer allzu glatten Gleichsetzung des Austausches zwischen Menschen und den Austauschmechanismen des Kapitals: das Kapital wird auf diese Weise zum alles andere hervorbringenden Urprinzip ernannt, ihm wird automatisch eine Position der Herrschaft und der Initiative und damit eine Position zugewiesen, die nur abgelehnt werden kann. Hier bietet die postoperaistische Position, die (u. a. von Antonio Negri) aus den Marx’schen Schriften entwickelt wurde, eine Alternative: denn hier wird der kreative Impuls auf der Seite der Arbeiter selbst verortet, die neue Werte und neue Formen des Zusammenlebens entwickeln. Das Kapital bemüht sich permanent darum, mit dieser Art Kreativität Schritt zu halten. Entsprechend könnte man auch die zeitgenössischen Entsubjektivierungsprozesse als andauernde Herausforderung an die Adresse des Kapitals verstehen – und eben nicht nur als ein