Internationaler Tag des Tanzes mit 5 Meisterwerken antiker Kunst gefeiert

Internationaler Tag des Tanzes mit 5 Meisterwerken antiker Kunst gefeiert

Olimpia Gaia Martinelli | 28.04.2025 9 Minuten Lesezeit 1 Kommentar
 

Am 29. April feiert die Welt den Internationalen Tag des Tanzes, der 1982 vom International Dance Committee (CID) des Internationalen Theaterinstituts der UNESCO ins Leben gerufen wurde, um alle Formen und Kulturen des Tanzes zu ehren...

Edgar Degas, Die Tanzstunde, 1873-76. Musée d'Orsay, Paris.

Am 29. April feiert die Welt den Internationalen Tag des Tanzes. Der Tag wurde 1982 vom Internationalen Tanzkomitee (CID) des Internationalen Theaterinstituts der UNESCO ins Leben gerufen, um alle Formen und Kulturen des Tanzes zu würdigen. Das Datum ist kein Zufall – es markiert den Geburtstag von Jean-Georges Noverre (1727–1810), dem „Vater des modernen Balletts“ und Autor der einflussreichen Briefe über den Tanz (1760).

Jedes Jahr kommen Choreografen, Tänzer, Schulen und Institutionen zusammen, um diesen Tag mit Veranstaltungen, Aufführungen und Reflexionen zu begehen. Unsere Feier beginnt mit dem ikonischsten Bild der bildenden Künste, das dem Tanz gewidmet ist: Edgar Degas' Die Tanzklasse (1873–1876), ausgestellt im Musée d'Orsay in Paris. Es ist eines von Degas' frühesten Werken mit Schwerpunkt auf Ballerinas, das Ergebnis von drei Jahren Studium, Beobachtung und vorbereitenden Skizzen. Im Tanzfoyer der Pariser Opéra angesiedelt, fängt das Gemälde einen scheinbar spontanen Moment ein: Der berühmte Choreograf Jules Perrot unterrichtet mit dem Taktstock in der Hand eine junge Schülerin, während andere Tänzer ausruhen, ihre Kleidung zurechtrücken oder in Gedanken versinken. Obwohl sorgfältig komponiert, strahlt die Szene die Unmittelbarkeit einer Momentaufnahme aus – ein Meisterwerk, das sowohl die Mühe als auch die alltägliche Schönheit des Tanzes offenbart.

Die Komposition besticht durch ihren fast fotografischen Bildausschnitt, das sanfte Licht, das durch ein unsichtbares Fenster einfällt, und die besondere Aufmerksamkeit, die den Dielen gewidmet wird – einer unverzichtbaren Oberfläche für Menschen, deren Körper Ausdrucksinstrumente sind. Degas idealisiert nicht; er beobachtet die Realität wie durch ein Schlüsselloch und enthüllt, was dem Auge auf der Bühne entgeht. Eine Ballerina, die sich Luft zufächelt, ein kleiner Hund zu ihren Füßen, die sichtbare Müdigkeit der Schüler – nichts hier ist theatralisch, alles ist real.

Vincent van Gogh, Tanzsaal in Arles, 1888. Öl auf Leinwand, 65 x 81 cm, Musée d'Orsay, Paris.

Auch andere berühmte Meisterwerke der Kunstgeschichte haben die Magie des Tanzes eingefangen, jedes mit seiner eigenen, einzigartigen Sensibilität – doch alle teilen sie den Wunsch, die Energie, Freude oder Melancholie, die der Tanz auf die Leinwand bringt, einzufrieren.

In „Der Hochzeitstanz“ von Pieter Bruegel dem Älteren (1566) wird Tanz sowohl zum Fest als auch zum kollektiven Ritual: Körper schlängeln sich zwischen Bäumen und Zelten hindurch in einem volkstümlichen Wirbel rustikaler Freude, durchdrungen vom Duft von Bier und Erde. Mit „El Jaleo“ (1882) lässt uns John Singer Sargent in die gefühlsbetonte Intensität des Flamenco eintauchen: Eine Tänzerin beherrscht die Szene zwischen Gitarrenklängen und Schatten, die von den Wänden geworfen werden, alles vibriert vor theatralischer Spannung und purer Leidenschaft.

Van Gogh bietet in seinem Tanzsaal in Arles (1888) eine Vision voller visueller Energie: Der Raum ist überfüllt, Gesichter verschwimmen, Farben pulsieren wie ein Herzschlag. In Marcelle Lenders „Boléro tanzt in Chilpéric“ (1897) führt uns Toulouse-Lautrec hinter die Kulissen des Pariser Theaters: Hier ist Tanz Spektakel und Verführung, gefärbt mit Ironie, Farbe und Dekadenz.

Dann kommt der symbolische, innere Tanz von Edvard Munch, der in „Der Tanz des Lebens “ (1899–1900) Bewegung in eine Metapher für die Existenz verwandelt: Vor einem Mondmeer umkreisen drei Frauen – Jugend, Leidenschaft, Einsamkeit – die Protagonistin wie Erscheinungen.

Schließlich Der Tanz von Henri Matisse (1910): Fünf nackte Figuren fassen sich an den Händen und bilden einen urzeitlichen Kreis. Zwischen Himmel und Erde schwebend, verkörpern sie die absolute Freiheit von Körper und Geist – eine ewige, heilige Geste der Einheit.

Doch um über den bekannten Kanon hinauszugehen, lohnt es sich, bei fünf antiken Meisterwerken innezuhalten – die in der Erzählung der westlichen Kunst oft übersehen werden …

Ägyptisches Wandgemälde aus dem Grab des Nebamun mit einem Musiker und Tänzern, 1370 v. Chr., London: British Museum.

Tänzer und Musiker – Wandmalerei aus dem Grab des Nebamun, ca. 1370 v. Chr., British Museum, London

Diese lebendige Szene, Teil eines Freskos aus dem Grab des Nebamun, ist ein außergewöhnliches Beispiel dafür, wie integraler Bestandteil des Lebens und der Spiritualität im alten Ägypten der Tanz war. Zwei junge Tänzer bewegen sich anmutig neben einem Musiker, der eine Doppelflöte spielt, und verkörpern die perfekte Verschmelzung von Geste und Klang.

Diese mit der Technik der Gipsmalerei ausgeführte Komposition ist typisch für den ägyptischen Stil des Neuen Reiches: zweidimensionale Figuren, klare Profile, kräftige Farben und scharfe Linien. Die Körper sind idealisiert, die Bewegungen stilisiert und dennoch ausdrucksstark. Die Zweidimensionalität wird durch die fehlende Perspektive verstärkt, während die Hierarchie der Figuren durch ihre Position und Größe bestimmt wird.

Die ägyptische Malerei basierte auf einem strengen symbolischen und funktionalen System. Grabfresken waren keine bloße Dekoration, sondern Mittel, um den Verstorbenen durch die Darstellung alltäglicher Aktivitäten – wie Tänze und Festmahle – ein Leben nach dem Tod zu sichern.

Die Farben wurden aus natürlichen Materialien gewonnen: roter Ocker für die männliche Haut, gelber Ocker für die weibliche, Kohlenstoff für Schwarz und Kupfersalze für Blau und Grün. Jedes Detail, von der Kleidung bis zur Frisur, zeugt von der Vornehmheit und sozialen Bedeutung der Figuren.

Diese scheinbar festliche Szene offenbart eine Welt, in der Kunst, Tanz und Spiritualität eng miteinander verflochten sind.

Tanzstunde – Attische rotfigurige Hydria, ca. 430 v. Chr., dem Phiale-Maler zugeschrieben, British Museum, London

Tanzstunde – Attische rotfigurige Hydria, ca. 430 v. Chr., dem Phiale-Maler zugeschrieben, British Museum, London

Diese elegante attische rotfigurige Hydria stammt aus Capua und befindet sich heute im British Museum. Sie zeigt eine Szene mit Tanzunterricht: Zwei junge Mädchen tanzen unter den wachsamen Augen und der Anleitung zweier erwachsener Figuren, wahrscheinlich einer Lehrerin und eines Flötisten, in einer Umgebung, in der Bildung, Kunst und Ritual harmonisch miteinander verschmelzen.

Das dem Phiale-Maler, einem aktiven Meister der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr., zugeschriebene Werk ist ein perfektes Beispiel für den klassischen Stil der athenischen Vasenmalerei: wohlproportionierte Körper, fließende Bewegungen und präzise Details, die durch die rotfigurige Technik ermöglicht wurden. Der schwarze Hintergrund verstärkt die Helligkeit der Figuren, die anmutig und natürlich mit feinen Konturen und zarten Pinselstrichen hervortreten.

Die rotfigurige Technik, die um 530 v. Chr. in Athen entwickelt wurde, ermöglichte im Vergleich zur früheren schwarzfigurigen Technik mehr Freiheit in der anatomischen Darstellung und im Bewegungsausdruck. In dieser Hydria wird der Tanz in seiner lebendigen Dynamik eingefangen: Die beiden Mädchen in kurzen Tuniken bewegen sich im Gleichklang, mit symmetrischen Posen, die Bewegung und Harmonie suggerieren. Der erzieherische Aspekt der Szene, vermutlich Teil der griechischen Paideia, die jungen aristokratischen Frauen vorbehalten war, wird durch die Anwesenheit der erwachsenen Figuren, die beobachten und anleiten, verstärkt.

Grab der Tänzerinnen – Fresko, 5. Jahrhundert v. Chr., Ruvo di Puglia, Archäologisches Nationalmuseum Neapel

Grab der Tänzerinnen – Fresko, 5. Jahrhundert v. Chr., Ruvo di Puglia, Archäologisches Nationalmuseum Neapel

Die Fresken aus dem Grab der Tänzerinnen zählen zu den faszinierendsten Beispielen süditalienischer Grabkunst und bieten einen einzigartigen Einblick in die Welt des apulischen Tanzes im 5. Jahrhundert v. Chr. Diese auf Tuffsteinplatten geschaffenen Gemälde schmückten einst ein repräsentatives Grab, das vermutlich einem aristokratischen Krieger gehörte. Heute werden sie im Archäologischen Nationalmuseum Neapel aufbewahrt.

Die Hauptszene zeigt eine lange Prozession weiblicher Figuren, die in einer Reihe tanzen und in einer fließenden und geordneten Choreografie vereint sind. Die Tänzerinnen, gehüllt in farbenfrohe Peplos und Umhänge in leuchtenden Farben (Rot, Blau, Gelb), halten nicht die Hände ihrer nächsten Begleiterinnen, sondern die der Vorder- oder Hintermänner, wodurch ein synkopierter und harmonischer visueller Rhythmus entsteht. Einige tragen rote Bänder, die sich um Kopf und Kinn wickeln, andere Ohrringe. Unter ihnen wirken drei männliche Figuren dynamischer, möglicherweise Musiker oder Ritualführer.

Der dargestellte Tanz könnte sich auf ein Begräbnisritual, eine feierliche Prozession oder den Geranos beziehen, einen symbolischen Tanz, der mit dem Theseus-Mythos verbunden ist. Die starke rituelle Komponente wird durch die prozessionsartige Komposition und die lineare Ausdruckskraft der Gesichter und Gesten verstärkt.

Stilistisch behält das Werk archaische Elemente wie die zweidimensionale Darstellung und klare Profile bei, ist aber reich an erzählerischen Details: Kleidung, Frisuren, Schuhe und sogar Gesichtsausdrücke. Die Verwendung von Zinnober und anderen kostbaren Pigmenten weist auf den hohen Status des Auftraggebers und die künstlerische Raffinesse der Maler hin.

Diese Fresken würdigen nicht nur die Rolle des Tanzes in Leben und Tod, sondern stellen auch ein seltenes Beispiel für den Zusammenfluss hellenischer Kultur und italischer Tradition dar, wo die Kunst zu einer Brücke zwischen Geste, Mythos und Erinnerung wird.

Tänzerinnen im Grab des Triclinio, 470 v. Chr., Nationalmuseum von Tarquinia

Tänzerinnen im Grab des Triclinio, 470 v. Chr., Nationalmuseum von Tarquinia

Grab des Triclinio – Fresken, ca. 500–475 v. Chr., Monterozzi-Nekropole, Tarquinia, Nationales Etruskisches Museum. Das Grab des Triclinio ist eines der außergewöhnlichsten Beispiele etruskischer Grabmalerei und symbolisiert die kultivierte Kunstkultur Tarquinias. Es wurde 1830 entdeckt und stammt aus der Zeit zwischen 500 und 475 v. Chr. Es ist nach den an den Wänden dargestellten Bankettszenen benannt, in denen Musiker und Tänzer das Jenseits mit Bewegung, Rhythmus und Farbe beleben.

Das Innere des Grabes besteht aus einer einzigen rechteckigen Kammer, deren Wände mit Fresken bemalt sind, die an ein Bankett im Freien erinnern: An der Rückwand liegen Männer und Frauen auf Trikliniumsofas und feiern ein Festmahl, während sich an den Seitenwänden Szenen mit Tanz und Musik zwischen Bäumen, Vögeln und dekorativen Motiven entfalten, die auf die Natur und die Freude am Leben anspielen.

Besonders interessant ist die Szene mit einer Tänzerin und einer Tänzerin, die in leichtem, koordiniertem Schritt festgehalten sind: Ihre Gesten sind ausladend und ausdrucksstark, und ihre Gewänder flattern bei ihren Bewegungen. Der vermutlich im griechischen Stil ausgebildete Maler beweist außerordentliche Sensibilität bei der Darstellung von Anatomie und Bewegungsdynamik durch fließende Linien und intensive Farben, die auch heute noch beeindruckend lebendig sind.

Der Tanz hat hier einen tiefen symbolischen Wert: Er ist nicht bloße Unterhaltung, sondern Ausdruck eines heiteren Daseins nach dem Tod, eine typische Sichtweise der etruskischen Welt. Die Tanzgeste ist ein Fest, eine Erinnerung und Kontinuität, während Musik und Festmahl eine freudige und geteilte Ewigkeit heraufbeschwören.

Der griechische Einfluss ist in Komposition, Kostümen und Bildstil deutlich erkennbar, doch die Sicht auf Leben und Tod ist zutiefst etruskisch. So verbindet das Grabmal des Triclinio formale Eleganz und Spiritualität und erzählt mit Leichtigkeit und Anmut den Tanz als Brücke zwischen zwei Welten.

Beckenspieler, 1. Jahrhundert v. Chr. – Fresko, Pompeji: Villa der Mysterien

Beckenspieler, 1. Jahrhundert v. Chr. – Fresko, Pompeji: Villa der Mysterien

In einem der berühmtesten Fresken der Mysterienvilla in Pompeji tanzt eine junge Frau anmutig und feierlich mit Becken in der Hand. Diese Szene bildet den Abschluss des kunstvollen Freskenzyklus, der das Triklinium der Villa schmückt: ein dionysisches Ritual, das in der symbolischen und spirituellen Befreiung des Initiierten gipfelt.

Die Tänzerin, vermutlich eine Mänade, stellt den abschließenden Moment der Initiation dar, in dem die verwandelte Adeptin ihre mystische Vereinigung mit dem Gott durch Tanz und Musik feiert. Ihr Körper ist mitten in der Bewegung eingefangen, eingehüllt in fließenden Stoff, der der Drehung ihres Oberkörpers folgt und so ein lebendiges und dynamisches Bild erzeugt, das die statische Oberfläche des Freskos aufbricht.

Das in der Megalografie- Technik ausgeführte Werk zeigt lebensgroße Figuren vor pompejanisch-rotem Hintergrund – einer Farbe mit ritueller und symbolischer Bedeutung. Es ist ein außergewöhnliches Beispiel des Zweiten Pompejanischen Stils, bei dem architektonischer Raum durch Malerei angedeutet wird, um Tiefe und dramatische Intensität zu erzeugen.

In einem der berühmtesten Fresken der Mysterienvilla in Pompeji tanzt eine junge Frau anmutig und feierlich mit Becken in der Hand. Diese Szene bildet den Abschluss des kunstvollen Freskenzyklus, der das Triklinium der Villa schmückt: ein dionysisches Ritual, das in der symbolischen und spirituellen Befreiung des Initiierten gipfelt.

Die Tänzerin, vermutlich eine Mänade, stellt den abschließenden Moment der Initiation dar, in dem die verwandelte Adeptin ihre mystische Vereinigung mit dem Gott durch Tanz und Musik feiert. Ihr Körper ist mitten in der Bewegung eingefangen, eingehüllt in fließenden Stoff, der der Drehung ihres Oberkörpers folgt und so ein lebendiges und dynamisches Bild erzeugt, das die statische Oberfläche des Freskos aufbricht.

Das in der Megalografie- Technik ausgeführte Werk zeigt lebensgroße Figuren vor pompejanisch-rotem Hintergrund – einer Farbe mit ritueller und symbolischer Bedeutung. Es ist ein außergewöhnliches Beispiel des Zweiten Pompejanischen Stils, bei dem architektonischer Raum durch Malerei angedeutet wird, um Tiefe und dramatische Intensität zu erzeugen.


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