Glenn Brown: Meister der visuellen Metamorphose

Glenn Brown: Meister der visuellen Metamorphose

Selena Mattei | 20.09.2024 6 Minuten Lesezeit 0 Kommentare
 

Glenn Brown ist ein hochgelobter britischer zeitgenössischer Künstler, der für seine komplexe Neuinterpretation kunsthistorischer Referenzen gefeiert wird und durch mutige Aneignung und Transformation die Grenzen von Malerei und Skulptur erweitert. Brown ist für seine detailreichen, oft surrealen Werke bekannt, hat in renommierten Institutionen weltweit ausgestellt und seine Werke befinden sich in großen öffentlichen Sammlungen wie dem British Museum, der Tate und dem MoMA.

Glenn Brown im Jahr 2022. Autor: Justinakiskyte, via Wikipedia


Glenn Brown

Glenn Brown CBE, geboren 1966 in Hexham, Northumberland, ist ein bedeutender britischer Gegenwartskünstler, der für seine einzigartige Verwendung von Aneignung in der Malerei gefeiert wird. Indem er Bilder von anderen Künstlern entlehnt und transformiert, manipuliert Brown die Originale, indem er ihre Farbe, Stimmung und Dimensionen verändert und sie in etwas völlig Neues umgestaltet. Trotz dieser Transformationen wurde er gelegentlich des Plagiats beschuldigt.

Browns künstlerischer Bildungsweg begann 1985 mit einem Grundkurs an der Norwich School of Art & Design, gefolgt von einem BA in Bildender Kunst an der Bath School of Art and Design zwischen 1985 und 1988. Später absolvierte er von 1990 bis 1992 einen MA am Goldsmiths College in London, wo er den Grundstein für seine Auseinandersetzung mit der Aneignung legte.

Glenn Brown hat weltweit zahlreiche prestigeträchtige Einzelausstellungen abgehalten, darunter große Ausstellungen in der Serpentine Gallery in London (2004), im Kunsthistorischen Museum in Wien (2008), in der Tate Liverpool (2009) und im Sprengel Museum in Hannover (2023). Seine Werke sind Teil renommierter öffentlicher Sammlungen wie dem British Museum, dem Centre Georges Pompidou, der Tate und dem Museum of Modern Art in New York, und er wird von der Gagosian Gallery und der Galerie Max Hetzler vertreten.

Zusätzlich zu seinen Ausstellungen wurde Brown im Jahr 2000 für den Turner Prize nominiert, wobei seine Ausstellung in der Tate Britain aufgrund der Ähnlichkeit seiner Arbeit mit einer Science-Fiction-Illustration von Tony Roberts aus dem Jahr 1973 mit dem Titel Double Star für Kontroversen sorgte. In Anerkennung seiner Verdienste um die Kunst wurde Brown 2019 zum Commander of the Order of the British Empire (CBE) ernannt.

Im Oktober 2022 eröffnete Brown die Brown Collection in Marylebone, London. Dieses persönliche Museum zeigt eine Mischung aus seinen eigenen Werken neben Werken anderer Künstler und bietet einen Einblick in Browns kuratorische Perspektive und seine anhaltende Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte. Die Sammlung erstreckt sich über vier Etagen und umfasst Werke alter Meister und zeitgenössischer Künstler, darunter Gillian Wearing, Henri Fantin-Latour und Gaetano Gandolfi.


Gemälde

Im Mittelpunkt von Browns künstlerischer Vision steht die Idee der Neuinterpretation. Er lässt sich von einer Vielzahl historischer und moderner Künstler inspirieren, darunter Frank Auerbach, Georg Baselitz, Rembrandt, Van Gogh und Salvador Dalí. Anstatt ihre Werke einfach zu kopieren, transformiert er sie und passt ihre Farben, Formen und Größen an, um etwas völlig Neues zu schaffen. Das Ergebnis sind komplexe Mischungen verschiedener Werke, eine Methode, die bei seinen Kollegen sowohl Bewunderung als auch Kritik hervorgerufen hat.

Browns Kunstwerke zeichnen sich durch einen Trompe-l’œil-Effekt aus, bei dem glatte Oberflächen den Eindruck strukturierter Pinselführung vermitteln. Viele Betrachter berichten von einem unwiderstehlichen Drang, die Gemälde aufgrund ihrer lebensechten Details zu berühren oder sogar zu „lecken“. Er verwendet feine Pinsel, um längliche Formen und Locken zu schaffen, und etabliert so einen einzigartigen Stil, der mit der visuellen Wahrnehmung spielt.

Durch die Auseinandersetzung mit Kunstgeschichte und Popkultur hat Glenn Brown ein künstlerisches Vokabular entwickelt, das sich einer einfachen Kategorisierung entzieht und durch sorgfältige Referenzen und akribische Detailarbeit verschiedene Epochen und visuelle Traditionen miteinander verbindet. Seine manieristischen Tendenzen zielen darauf ab, historische Formen zu verjüngen und sie als Mittel für seine Auseinandersetzung mit Malerei zu nutzen.




Brown sammelt Bilder aus dem Internet, Büchern und verschiedenen Printmedien, verzerrt und überarbeitet diese visuellen Darstellungen. In den 1990er Jahren schuf er eine Reihe von Gemälden, die von Science-Fiction-Romanen beeinflusst waren und auf Illustrationen aus den 1970er und 1980er Jahren sowie den apokalyptischen Bildern von John Martin basierten. Diese Werke kombinieren oft Weit- und Nahaufnahmen, eine Technik, die er später auf Darstellungen des menschlichen Körpers anwandte und sich dabei auf Künstler wie Salvador Dalí, Willem de Kooning und Chaim Soutine bezog.

Die Themen in Browns Gemälden decken ein breites Spektrum ab, von Science-Fiction-Landschaften bis hin zu abstrakten und figurativen Werken. Sie evozieren oft eine dunkle und beunruhigende Stimmung, die durch groteske Merkmale wie kariöse Zähne, ungewöhnliche Hauttöne und unheimliche Augenfarben gekennzeichnet ist. Seine Porträts sind eindringlich und zeigen amorphe Figuren, die entzündeten oder tumorartigen Massen ähneln, häufig begleitet von surrealen Elementen wie Blumen, die aus ihren sich zersetzenden Formen sprießen.


Skulpturen

Neben der Malerei hat Brown auch die Bildhauerei in seine künstlerische Praxis integriert. Im Gegensatz zu seinen flachen Gemälden betonen seine Skulpturen den dreidimensionalen Aspekt von Ölpinselstrichen, wobei er dicke Farbschichten auf Bronzegussteile oder andere Strukturen aufträgt. Anfangs stellte Brown seine Skulpturen auf den Boden, um ihnen eine rohe, erbärmliche Qualität zu verleihen, doch später wurden sie in Vitrinen eingeschlossen, um sie vor Beschädigungen zu schützen. Dieser Wechsel ermöglichte filigranere, kompliziertere Konstruktionen, wobei die Skulpturen sich auf eine Weise neigen und neigen, die ihre dynamische Präsenz verstärkt.




Radierungen und Zeichnungen

2008 erkundete Brown mit seiner Serie Layered Etchings (Portraits) die Druckgrafik und ließ sich dabei von Urs Graf, Rembrandt und Lucian Freud inspirieren. Er kombinierte und bearbeitete Reproduktionen von Kunstwerken digital und legte sie übereinander, um entindividualisierte Porträts zu schaffen. Diese Radierungen verwischten die Grenzen zwischen den Originalmodellen und spiegelten Browns Faszination für die Zerstörung und Rekonstruktion von Identität wider.

In den letzten Jahren hat sich Brown auch dem Zeichnen zugewandt und dabei seinen charakteristischen Stil der Schichtung und Verzerrung angewendet, um komplexe linienbasierte Kompositionen zu schaffen, die dennoch Bezüge zu kunsthistorischen Referenzen aufweisen.

Glenn Browns Karriere ist geprägt von seiner furchtlosen Auseinandersetzung mit der Aneignung, da er die Beziehung zwischen dem Original und dem Neuinterpretierten ständig neu definiert. Mit seinen Gemälden, Skulpturen, Radierungen und Zeichnungen fordert er den Betrachter auf, künstlerisches Eigentum und die Grenzen der Interpretation zu überdenken.




Wichtige Ausstellungen und Sammlungen

Glenn Brown war Gegenstand zahlreicher bedeutender Einzelausstellungen auf der ganzen Welt. Im Jahr 2000 wurden seine Werke im Domaine de Kerguéhennec, Centre d'Art Contemporain in Frankreich, ausgestellt. 2004 hatte er eine bemerkenswerte Ausstellung in der Serpentine Gallery in London, gefolgt von einer Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien im Jahr 2008. Seine Ausstellung in der Tate Liverpool im Jahr 2009 wanderte später zur Fondazione Sandretto Re Rebaudengo in Turin und zum Ludwig Múzeum in Budapest. 2013 wurden Browns Werke im Frans Hals Museum in Haarlem und in der Rennie Collection in Vancouver gezeigt. Die Fondation Vincent Van Gogh in Arles veranstaltete 2016 eine Einzelausstellung, der im selben Jahr Präsentationen im Des Moines Art Center und im Contemporary Art Center in Cincinnati folgten. Seine Werke wurden 2017 auch im Rembrandthaus in Amsterdam und im Museo Stefano Bardini in Florenz sowie 2018 in der Laing Art Gallery in Newcastle und im British Museum in London ausgestellt. Zuletzt, im Jahr 2023, wurden Browns Werke im Sprengel Museum und im Landesmuseum in Hannover gezeigt.

Browns Werke wurden außerdem in zahlreichen Gruppenausstellungen gezeigt, unter anderem in der Saatchi Gallery in London (1995, 2014), im Centre Georges Pompidou in Paris (2002, 2013, 2021), im italienischen Pavillon der Biennale von Venedig 2003 und im Museum of Contemporary Art in Los Angeles 2005. Er nahm auch an internationalen Ausstellungen teil, etwa an der Gwangju Biennale in Korea (2010), in der Kunsthalle Wien (2011), in der Galerie Rudolfinum in Prag (2012) und im Museo Guggenheim in Bilbao (2013). Seine Arbeiten wurden in der Scottish National Gallery (2018), im Museum of Fine Arts-Hungarian National Gallery (2018), im British Museum (2019), im Nationalmuseum in Stockholm (2020), im Ateneum Art Museum in Helsinki (2020), im Centre Pompidou-Metz (2021), in der Pallant House Gallery in Chichester (2021) und im Louvre Museum in Paris (2022) ausgestellt.

Browns Kunstwerke sind Teil mehrerer renommierter öffentlicher Sammlungen. Dazu gehören das Art Institute of Chicago, die Arts Council Collection in London, das British Museum, die Delfina Foundation in London, die Fondazione Sandretto Re Rebaudengo in Turin, FRAC - Limousin in Limoges, die Francois Pinault Foundation in Venedig, das Musée National d'Art Moderne im Centre Georges Pompidou in Paris, die Rennie Collection in Vancouver, die Tate in London, die Laing Art Gallery in Newcastle, das Museum of Modern Art in New York, die New Art Gallery in Walsall, das Walker Art Center in Minneapolis, die VAC Collection in Moskau und die Zabludowicz Collection in London. Seine Werke werden von der Gagosian Gallery in New York und London sowie der Galerie Max Hetzler in Berlin und Paris vertreten.

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