Francesco Lopes stammt aus der sizilianischen Stadt Siracusa, der antiken griechischen Kolonie Syrakus. Dort ist er aufgewachsen und hat mit Ausnahme der Jahre zwischen 2003 und 2008, in denen er in Mailand als Fotograf gearbeitet und sich weitergebildet hat, sein ganzes bisheriges Leben dort verbracht. In einem solchen Ort wird einem mehr als anderswo bewusst, wie weit zurück die Geschichte der Menschheit reicht, wie viel Zeit vergangen ist, wie viele Generationen sich abgewechselt haben, eine nach der anderen. Durch die Jahrhunderte hinweg wurden Menschen geboren, haben gelebt und sind wieder verschwunden, und nur die Spuren, die sie hinterlassen haben, erzählen von ihrer Existenz. Diese Spuren wecken unsere Neugier, wir würden nur zu gerne wissen, wie die Menschen damalsgefühlt, gedacht haben, wie ihr Leben genau ausgesehen hat, wie sie ihr Dasein empfunden haben und ob sie sehr anders waren als wir heute. Auch wenn die Wissenschaft einige unserer Fragen beantworten kann, bleibt doch immer vieles unscharf, werden wir nie genau wissen können, wie ihr Leben für sie wirklich war.So ist es nicht verwunderlich, wenn ein Künstler, der in der Nähe des altgriechischen Apollotempels arbeitet, sich für das Mysteriöse, das Verborgene interessiert, für die Grenzen des Bewusstseins, für Archetypen, Riten und Rituale, die uns mit den Menschen verbinden, die uns vorangegangen sind, und vielleicht auch mit denen, die noch kommen werden. Auch er schafft Spuren, löst seine Fotografien in Unschärfen auf, ist fasziniert von Bildern, die wirken, als kämen sie aus Träumen, aus Sphären, die wir erhaschen, festhalten wollen und die sich uns immer wieder entziehen. So werden Gesichter, Gegenstände, Straßenszenen in beinahe abstrakten Kompositionen umgesetzt, sie sind erkennbar, aber nicht zur Gänze, sie lösen sich auf und verweigern sich unserem Zugriff. Manche von ihnen sehen nicht so aus, als wären sie auf das Trägermaterial aufgebracht, sie wirken so, als würden sie aus den Geweben hervortreten, als wären sie eigentlich schon immer dort gewesen und der Stoff hätte sie überwuchert, würde uns nur einen kurzen Blick auf sie erlauben. Was bleibt, ist ein Gefühl des Rätselhaften, des Geheimnisvollen, eine gewisse Melancholie. Wir können Erlebnisse nicht festhalten, unsere Tage vergehen und auch die Erinnerung daran wird bruchstückhaft. Wir sind miteinander durch das allen Menschen Gemeinsame verbunden und sind doch allein. Es ist uns nicht möglich, die Tiefe des Seins mit unserer Vernunft ganz zu begreifen und so sind es Träume, Bilder, die Beschäftigung mit Kunst, die Menschen wie Francesco Lopes motiviert, uns über die Enge des Alltags hinauszuführen